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Kotfressen beim Hund

Hilfe! Mein Hund frisst Kot!

Wenn ein Hund seinen eigenen oder fremden Kot frisst, schüttelt es uns. Der Hund aber frisst meist mit anhaltender Begeisterung, ja, regelrechter Gier. Was beim Menschen nur in Ausnahmefällen vorkommt und mit psychischen Erkrankungen verknüpft ist, scheint bei so manchem Hund das Normalste der Welt zu sein. Gehört das Kotfressen beim Hund einfach dazu?

Kotfressen = Koprophagie

Es gibt verschiedene Formen der Koprophagie (“Kopro” für Kot und “phagie” für Verzehren):

Innerhalb seiner eigenen Art – auf Hundekot begrenzt:

  • Autokoprophagie = das Fressen von eigenem Kot
  • Allokoprophagie = das Fressen von fremdem (Hunde-)Kot

Außerhalb seiner eigenen Art – das Fressen von Kot anderer Spezies

  • bezieht sich auf Kot von Katzen (reich an Proteinen), Kühen, Pferden, Rehen, Hasen (reich an Pflanzenstoffen und leider auch öfter an Parasiten)

Normal ist das Kotfressen beim Hund bei:

  • Hündinnen, die gerade Junge zur Welt gebracht haben. Sie fressen den Kot ihrer Welpen, um ihre Lagerstätte sauber zu halten. Auch ist das Fressen des Kotes ihrer Jungen ein Teil des Beziehungs-Aufbaues. Daher ist ein Bestrafen dieses zutiefst normalen Verhaltens falsch und führt zu einem gestörten Verhalten der Hündin zu ihren Welpen.
  • Welpen fressen zeitweise ihren eigenen und auch Kot von Wurfgeschwistern, um ihre Darmflora und damit ihr Immunsystem in Schwung zu bringen. Auch hier gilt, dass dieses Verhalten notwendig für die Gesundheit des Hundes ist. Eine Verhinderung und/oder Bestrafung kann zu einem dauerhaft gestörten Verhalten, was das Fressen von Kot betrifft, führen.

Bei jugendlichen und erwachsenen Hunden, die nicht gerade Welpen geboren haben, ist das Kotfressen jedoch aus guten Gründen nicht erwünscht.

Häufigkeit, Ursachen und Risiken

Schätzungsweise jeder vierte Hund frisst regelmäßig Hundekot. Über 70% der Hunde sind älter als 4 Jahre – es ist also kein Problem, das überwiegend Junghunde betrifft.

Ursachen

Die Ursachen können vielfältig sein und sind von uns Menschen oft nur geraten oder vermutet. Hierzu gehören unter anderem:

  • Stress und Ängste (Mehrhundehaushalt, HuTa oder zu viel alleine) – Mobbing und/oder Verlassensängste
  • Erkrankungen des Verdauungstraktes (Bauchspeicheldrüse, Darminfektionen, Parasiten)
  • Mangel an Mineralstoffen oder Proteinen etc. – Mangel an Vitamin B/Verdauungsenzymen
  • Schlechte Angewohnheit – die kann sich der Hund auch von einem anderen Hund abgeguckt haben
  • Langeweile
  • vom Hund “falsch” interpretierte Bestrafung bei ersten Kotfress-Aktionen – jede Aufmerksamkeit ist besser als keine
  • falsches Sauberkeitstraining im Welpenalter – eine Bestrafung des Kotabsatzes an den “falschen” Stellen, speziell, wenn man auch noch die Nase des Hundes in den Kot drückt, kann der Hund nicht verstehen. Er lernt dadurch nicht, wo er besser seinen Haufen setzen sollte. Aber er lernt vielleicht, seinen “Fehler” besser gleich ungeschehen zu machen, indem er ihn auffrisst.

Risiken

Ein Risiko für Hund und Halter besteht in dem, was der Hund mit dem Kot aufnimmt:

  • Aufnahme und Weiterverbreitung von Parasiten
  • Aufnahme von Medikamenten und dadurch Vergiftung  – Rückstände im Kot anderer Hunde und im Pferdekot (u.a. Ivermectin als Entwurmungsmittel)
  • Übergewicht des Hundes! Ein oder zwei Haufen Kot am Tag zusätzlich zur gewohnten Futterration sind extra Mahlzeiten.

Vergiftung über Kotfressen beim Hund

Im Journal of the American Veterninary Medical Association erschien im September 2013 ein Artikel zu der vermuteten Vergiftung eines Hundes mit Carprofen, einem in der Tiermedizin gängigen Schmerzmittel (“Rimadyl”). Die einjährige Hündin war wegen Inkontinenz, übermäßigem Urinieren und übermäßigem Durst untersucht worden.

Es stellte sich heraus, dass sie den Kot des zweiten Hundes der Familie fraß, der seine Schmerzmittel täglich bekam. Nachdem man ihr das Kotfressen nicht mehr möglich machte (wie, geht aus der Zusammenfassung nicht hervor), normalisierten sich die Blutwerte wieder und die Symptome verschwanden.

Was kann man tun?

Das Problem verschwindet nicht über Nacht. Man braucht auf jeden Fall Geduld und gute Nerven, wenn man seinem Hund das Kotfressen abgewöhnen will.

Gesundheit checken

Körperliche Ursachen sollten abgeklärt werden. Da hilft ein Blutbild beim Tierarzt, das die Versorgung mit Vitaminen, hier speziell die B-Vitamine, und Mineralstoffe untersucht. Die Verdauungsenzyme (Bauchspeicheldrüse) sollten ebenfalls getestet werden. Auch die Untersuchung einer Kotprobe kann hilfreich sein. Manchmal löst ein bislang unentdeckter Befall mit Parasiten den Appetit auf Kot aus.

Futter checken

Gefundene Mängel in der Versorgung über das normale Futter müssen behoben werden. Oft hört man, dass die Fütterung von Frischfleisch das Problem des Kotfressens auf Dauer beseitigen kann. Und trotzdem bleibt der Kothaufen eines Artgenossen, der mit Billigfutter gefüttert wurde, oft die größte Versuchung.

Verhalten beeinflussen – Verhalten umleiten

Bei Spaziergängen auf Zack sein! Das Spiel heißt: Ich sehe das, was Du gleich willst. Der Hund ist uns über seinen Geruchssinn meilenweit voraus. Aber oft geht sein Blick und die Nase schon in die Richtung des verlockenden Haufens, lange bevor wir ihn sehen könnten. Hier hilft es, die Körperhaltung des Hundes möglichst gut lesen zu können.

Wurde das Kotfressen beim Hund durch Schimpfen und Wegtreiben schon verleidet, zeigt der Hund durch seine Körpersprache, wenn er sein Vorhaben umsetzen will: leicht zurückgelegte Ohren und eine leicht geduckte Haltung (wirklich nur eine Nuance) bei gleichzeitiger Anspannung, fest zum Ziel orientierten Blick und leichtem Lecken in Erwartungsspannung.

Hier kann man sofort eingreifen und ihn FREUDIG (leise oder flüstern wirkt oft besser als lautes Rufen etc.) zu sich rufen, mit einem super Leckerli belohnen und bei sich behalten (eventuell anleinen) bis der verlockende Haufen 20 Meter und mehr entfernt ist. Wie oft hat der Hund schon das Leckerli bekommen und man wähnte sich in Sicherheit… Nur um ein paar Meter weiter festzustellen, dass unser Freund hinter unserem Rücken umgekehrt ist, um sich doch noch schnell eine Extra-Mahlzeit einzuverleiben. Ja, das sind eigene Erfahrungen 😉

Man lenkt das Verhalten des Kotfressens um, indem man dem Hund ein Verhalten anbietet, das positiv verstärkt werden kann.

Leinenpflicht und Training/HundetrainerIn

Zu Anfang des Trainings ist es sinnvoll, den Hund an der Leine zu lassen, damit man sein Verhalten rechtzeitig erkennen und, vor allem, beeinflussen kann.

Eine GUTE und ERFAHRENE Hundeschule/HundetrainerIn kann helfen, das Verhalten des Kotfressens beim Hund dauerhaft umzulenken. Oft ist man als Besitzer zu emotional gegenüber dem Thema und damit auch gegenüber dem Hund. Es lohnt sich, ein paar Taler für ein weiterhin gutes Verhältnis zu investieren. Viele Fehler, die man aus einer Gefühlslage heraus macht, sind so nicht nötig.

Zusatzfuttermittel

Neben den Vitaminen und Mineralstoffen gibt es eine ganze Reihe an Zusatzfuttermitteln, die gegen Kotfressen beim Hund helfen sollen.

  • Stinkende Moor-Erden, würziger Käse, Bananen – alles ausprobiert – nichts hat geholfen.
  • Probiotika, also gute Darmbakterien,  über das Futter – die Verdauung blieb super, nur gepupst hat der Hund wie ein Weltmeister.
  • Pulver mit Eisensulfat und Vitaminen – sollen den Geschmack des Kots für den Hund so widerlich machen, dass er das Fressen sein lässt. In einem Mehrhundehaushalt müssen ALLE Hunde und Katzen dieses Pulver für ca. 14 Tage bis 6 Wochen bekommen. Auch Leckerlis, die man im Training nimmt, müssen mit dem Pulver benetzt sein. Die Pulver werden laut Herstellerangaben gerne mitgegessen. Angebote gibt es Internet. Noch keine Erfahrungen damit.

Umgebung sauber halten

Aus den Augen, aus dem Sinn!

  • Der eigene Garten muss täglich von allen Hinterlassenschaften befreit werden.
  • Die Katzentoilette darf kein Selbstbedienungsladen sein.
  • Gründliches und regelmäßiges Aufsammeln ist Pflicht.

Homöopathische Mittel gegen Kotfressen beim Hund

Es gibt in der Homöopathie einige Mittel, die das Fressen von Kot und unverdaulichen Dingen, wie Sand, Papier oder Steine in ihrem Mittelbild haben. Das Problem ist, dass die Mittel am Menschen getestet wurden und die daraus resultierenden Arzneimittelbilder nur eingeschränkt auf Tiere übertragbar sind. Die Ursache für das Essen von Stuhl ist beim Menschen einfach eine ganz andere, als die Ursache des Kotfressens beim Hund.

Trotzdem gibt es in der homöopathischen Tiermedizin einige Hinweise in der Literatur, die wir ausprobieren können. Wir können das Problem auf verschiedene Weisen homöopathisch angehen:

Konstitutionsmittel

Es gibt mit Calcium carbonicum und Calcium phosphoricum zwei Konstitutionsmittel (sog. große Mittel, die eine spezifische Bandbreite von körperlichen und psychischen Symptomen aufweisen), die das Essen von unverdaulichen Gegenständen wie Sand, Papier, Kot etc. in ihrem Mittelbild haben.

  1. Calcium carbonicum – der gemütliche, zurückhaltende Typ, jung oder schon älter, phlegmatisch, immer hungrig, treu, stur, nachtragend, zu Übergewicht neigend, größer und breiter als für die Rasse üblich, stoisch, oft erst auf den zweiten Blick charmant, intelligent aber eigenwillig, alles ist essbar.
  2. Calcium phosphoricum – so ziemlich das Gegenteil von Calc. carb. – lang und schlank, sehnig, sportlich, hyperaktiv, clownig, nervig, charmante Drängler, aufdringlich, zartes Fell (oft rötlich), hübsch, kaum zur Ruhe zu bringen, hibbelig, auffällige Gier nach Papiertaschentüchern und Holz. Eher junge Hunde, Teenager.

Konstitutionsmittel werden meist EINMALIG in höherer Potenz (C200) gegeben. Man kann mit einer Gabe (1x 2 Globuli) C30 anfangen. Beobachtet man eine Besserung, die nach einigen Tagen nachlässt, kann man dasselbe Mittel in einer C200-Potenz EIN MAL wiederholen.

Weitere homöopathische Mittel für Kotfressen beim Hund

Calcium fluoricum – bei jungen Hunden (die keine Welpen mehr sind) – eine EINMALIGE Gabe C200 1 x 2 Globuli

Cicuta virosa – bei allgemeiner Gier auf Kot, altersunabhängig. EIN MAL 2 Globuli C200

Andere Potenzen und grundsätzliche Hinweise

Wenn man sich an die hohen Potenzen noch nicht so recht herantraut, kann man die o.g. Mineralmittel Calcium carbonicum, Calcium phosphoricum und Calcium fluoricum auch in niedrigeren D-Potenzen geben. Damit wirkt man auf andere Weise auf den Organismus ein, ein wenig “stofflicher”, was die Energie der Mittel angeht. Auch hier geht es aber NIE um Dauergaben über mehrere Wochen oder gar Monate!

  • D6 – Potenzen 2 – 3 Mal täglich eine Tablette oder 2 bis 3 Globuli, sieben bis zehn Tage lang.
  • D12-Potenzen 1 Mal täglich eine Tablette oder 2 bis 3 Globuli, sieben bis zehn Tage lang.

Die genannten Mittel bitte NICHT mischen und/oder abwechselnd geben. Homöopathische Mittel sind nicht per se harmlos. Wir bieten dem Organismus einen Reiz zur Selbstheilung. Zu viele Reize hintereinander weg, die sich nicht gut ergänzen, können Symptome produzieren, die vorher nicht da waren. Bei Beachtung der Regeln dürfen wir uns aber ruhig trauen!

Fazit: Nur Mut

Das passende homöopathische Mittel kann das Training des Hundes optimal ergänzen. Auf körperlicher und geistiger Ebene wird der Hund so unterstützt, um sein Verhalten bestmöglich abzulegen.

Kotfressen beim Hund – kurze Homestory

Vor einigen Jahren adoptierten wir einen alten Rüden aus dem Berliner Tierheim. Der schneeweiße Dogo-Argentino-Mix hatte orange-farbene Vorderbeine, einen Sack Trockenfutter für Allergiker und eine Vorliebe für Pizzaschachteln im Gepäck. Das TroFu warfen wir in den Müll und  stellten den Hund ohne weiteres auf Frischfleisch um.

Zu unserem Entsetzen drehte er sich nach jedem seiner Geschäfte auf dem Absatz um und fraß den eigenen, warm-dampfenden Haufen gleich wieder auf. Natürlich bekam er alle Zusatzfuttermittel, die wir uns nur ausdenken konnten. Aber es half alles nichts. Darry blieb bei seinem Verhalten.

Ein paar Wochen Frischfleisch später war er blütend weiß und hatte alle schlimmen Leckstellen verloren. Nach ungefähr drei Monaten hörte er auch auf, seinen eigenen Haufen zu fressen.

Vielleicht war sein Verhalten auch eine Angewohnheit aus den fast zwei Jahren Tierheim und er wollte seinen Bereich nicht beschmutzen. Oder der Mangel, den er hatte, war nach der Zeit behoben. Angst und Stress hatte er nicht. Er kam, sah und siegte souverän. Wir konnten ihm noch neun schöne Monate geben. Kot frass er nie wieder.

Quellen: Online Vortrag der British Small Animal Veterinary Association im Mai 2021 gehalten von Helen Harrison und  https://www.researchgate.net/publication/353855381_Coprophagia_breaking_a_dirty_habit_TVM

 

 

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